Faszination Weltall hautnah erlebt

Neun Wissener Schüler des Kopernikus-Gymnasiums erhielten astrophysikalischen Unterricht in der Sternwarte der Uni Bonn

Ein wenig müde, aber um viele Erfahrungen reicher, kehrte die neunköpfige Astro-AG des Kopernikus-Gymnasiums Wissen von einem besonderen Praktikum zurück. Knapp eine Woche waren die Jugendlichen auf Einladung der Universität Bonn im Observatorium "Hoher List" zu Gast und die nächtlichen praktischen Arbeiten an den modernen astronomischen Forschungsgeräten machten viel Spaß.

WISSEN. Die Astro-AG des Wissener Kopernikus-Gymnasium nutzte die einmalige Chance, ein astro-physikalischen Praktikum in der Sternwarte der Bonner Universität in der Eifel durch zu führen.

Die Wissener Astronomen hatten in der Vergangenheit durch verschiedene erfolgreiche Projekte auch Universitäten und Wissenschaftler auf sich aufmerksam gemacht: Die Ergebnisse der Experimente anlässlich der 1999er Sonnenfinsternis durften auf einer internationalen Physik-Didaktik-Konferenz in Genf präsentiert werden.

Das aktuelle Länder übergreifende Projekt zur Messung der Mondparallaxe befindet sich nach Abschluss der Messungen in der Auswertung (die RZ berichtete).

Das Institut für optische Astronomie der Universität Bonn hatte die Wissener Gruppe zu einem einwöchigen Aufenthalt in die Sternwarte eingeladen. Der Leiter des Observatoriums, Professor Dr. Wilhelm Seggewiß, und Dr. Michael Geffert betreuten die in vier Teams arbeitenden Schüler. Jedem Team stand ein eigenes Teleskop und allen zusammen die Küche zur Selbstversorgung zur Verfügung. Zum "Tagesschlaf" stand ein Gästehaus zur Verfügung.

Vera Meutsch und Nils Becker beschäftigten sich mit visueller Himmelsbeobachtung an einem leistungsfähigen Linsenteleskop. Der aus dem 19. Jahrhundert stammende "Schröder-Refraktor" stand jahrelang im argentinischen Cordoba, wo er bei der systematischen Erfassung der Objekte des südlichen Sternhimmels zum Einsatz kam. Das Teleskop war kürzlich von der Sternwartenwerkstatt liebevoll restauriert worden.

Von den brillanten Bildern im Okular beeindruckt, meinte Nils: "Den 'Schröder' würde ich mir glatt in den Garten stellen."

Am vier Meter langen "Schmidt"-Teleskop machten Philipp Wilking, Kai Märzhäuser und Michael Müller Bekanntschaft mit grundlegenden Verfahren einer noch jungen Variante der Astrofotografie: Statt des menschlichen Auges registriert ein Halbleiter-Chip das Sternenlicht und leitet die empfangenen Daten an einen leistungsfähigen Computer weiter. Mittels spezieller, teilweise von den Schülern entwickelter Software können dann daraus Informationen über Sterneigenschaften wie Entfernung, Temperatur, Farbe, Masse und Helligkeit ermittelt werden.

"Man hat selten die Gelegenheit, mit Geräten zu arbeiten, die sonst nur Universitätsstudenten zur Verfügung stehen", freute sich Philipp Wilking.

Philipp Stockschlaeder, Christian Hammann und Fabian Bieler stand mit dem Astrographen ein Forschungsteleskop zur Verfügung, das Spektroskopie an ausgedehnten Sternhaufen zulässt. Die Schüler fotografierten einen Sternhaufen im Sternbild "Fuhrmann" zunächst durch unterschiedliche Farbfilter. Aus Vergleichen der verschiedenen Farbaufnahmen werden sie dann später das Alter des Sternhaufens und seine Entfernung von der Erde berechnen können.

"Dass das Licht der Sterne auf seinem Jahrtausende langen Weg zur Erde nicht verstaubt, ist bemerkenswert", bemerkte Fabian zu den scharfen Sternbildern auf dem Computer-Monitor.

Am RC-Teleskop des Observatoriums ließen sich Daniel Hammann und Peter Stinner von den Planeten unseres Sonnensystems beeindrucken. Mit seiner Brennweite von fünf Metern erzeugt das Gerät detailreiche Bilder von Venus, Mars und den großen Gasplaneten.

"Die Teilung der Saturnringe und die Wolkenbänder in der Jupiteratmosphäre mit eigenen Augen zu sehen - das ist schon was!", kommentierte Daniel seine Beobachtungen.

"Astronomers do it at night", konstatierte Michael Müller und beschrieb damit kurz und prägnant den verschobenen Tag-Nacht-Rythmus der jungen Astrophysiker.

Obwohl aufgrund des guten Wetters fast jede Nacht beobachtet werden konnte, waren die Tage nicht nur dem Ausschlafen gewidmet: Professor Seggewiß veranstaltete für die Schüler kleine Seminare zu astrophysikalischen Themen und berichtete über seine Arbeiten an der "Europäischen Südsternwarte" in den chilenischen Anden. Außerdem gab es Informationen zum Studium von Physik und Astronomie.

"Die Schüler haben sich erstaunlich schnell in astrophysikalische Methoden eingearbeitet und die professionellen Teleskope nach kurzer Einführung selbstständig bedienen können.", lobte der begleitende Lehrer Peter Stinner die Seminarteilnehmer.

"Mit den Messungen am `Hohen List` ist unsere Arbeit noch längst nicht abgeschlossen. Das Aufarbeiten und Auswerten der mitgebrachten Datenträger wird noch einige Zeit erfordern", meinte Stinner.

Diesen Artikel schrieb die Astro-AG am letzten Abend ihres Aufenthaltes.